Sogar der Saarländer erblasste oder: ich verstehe Spartakus

Gestern nachmittag, so kurz vor Beginn des Wochenendes, gab es et was zu essen im Büro; der jordanische Kollege hatte eines der dortigen Nationalgerichte angekündigt. Um kurz vor drei wurde dann der Konferenztisch um- und aufgebaut. Das Gericht besteht aus Reis, Pinienkernen und zartestem Lamm, dazu eine Sauce auf der Basis von geronnener, gewürzter, getrockneter (wird steinhart) und dann zum Kochen wieder eingeweichter Schafsmilch.

Was Ihr das seht, ist nur eine der beiden Platten, die für 10 Personen angeschleppt wurden. Wie gesagt, selbst für saarländische Verhältnisse ist das ziemlich konservativ geplant. Und dann wieder doch nicht, denn wenn unser ägyptischer Oberbuchhalter und unserer syrischer Kreditanalyst loslegen, dann hebt sich der Durchschnitt:

Rechts der Buchhalter, für den seine Mutter noch auf der Suche nach einer Ehefrau ist. Im Hintergrund ein philippinischer Kreditanalyst, und Ihr habt die drei Wonneproppen des Projektes versammelt. Es hat übrigens sehr gut geschmeckt.

Zehn Tage ist es her, daß ich meinen Paß auf einem windigen Parkplatz am Stadtrand einem Sonnenbrillenträger übergeben habe, und als gestern dann die Mail kam, ich solle zur Personalabteilung kommen und meinen Arbeitsvertrag unterschreiben, hatte ich Hoffnung. Allein, der Oberpassvisaaufseher (das ist eine Extrastelle im Organigramm) spricht nicht gut Englisch, und so wollte er nur den Entwurf des Vertrags durchgehen. Nichts für schwache Nerven, denn die Durchsprache wurde zur Spartakiade:

– der juristisch relevante Part ist der in Arabisch geschriebene. Der englische Teil ist nur eine nicht bindende Übersetzung

– ich hab dann neben dem Gehalt auch die Zusatzleistungen gesucht, etwas Bonus, Schulgeld, Umzugshilfe. Doch das wird nicht in den Arbeitsvertrag hineingeschrieben, der an das Arbeitsministerium geht, das hat die nicht zu interessieren. Das steht nur in dem Angebot drin, auf dessen Grundlage ich gekommen bin. Inschallah!

– Bestätigt wurde auch, daß ich jederzeit gekündigt werden kann, zwei Monate Frist, ohne Angaben von Gründen. Damit geht es mir beser als dem burmesischen Bauarbeiter, die haben Anspruch auf zwei Wochen

Wir sind dabei, weitere Personen für die Firma zu rekrutieren, und dabei habe ich einmal mehr gemerkt, wie groß die Kluft zwischen dem Anspruch der Gruppe ist und manchen Inseln des Widerstands innerhalb der Gruppe ist. Wir hatten Gehaltsstufen und Zusatzleistungen festgelegt, man hat mir dann aber zu verstehen gegeben, daß dies nur für einzustellende Männer gilt. Frauen bräuchten keinen Mietzuschuß, weil sie ja einen Ehemann hätten, der das bekäme. Kein Schulgeld, denn das hat ja der Ehemann schon in seinem lokalen Arbeitsvertrag. Und für das Umzugsgeld? Ihr habt’s erraten.  Also wird das auch eines der Bretter, die ich zu bebohren habe.

Heute Mittag ein weiteres Bruncherlebnis, ich komme mir wie ein Hund vor, die essen auch nur einmal pro Tag.

 

5 Kommentare zu “Sogar der Saarländer erblasste oder: ich verstehe Spartakus

  1. Hmmm, lecker Essen mit klebrigen Softdrinks runterspuelen, Wasserflaschen ungeoeffnet auf dem Tisch, Trend zum Baeuchle – ob die nicht mal lieber noch nen Nutritionist importieren sollten (natuerlich ALLE Spesen gedeckt), um der Mannschaft da mal gesundheitlich unter die Arme zu greifen???

  2. Wolfgang, meine aufrichtige Bewunderung für diesen ersten überstandenen Monat. Wenn ich daran denke, dass wir in Dubai eine Niederlassung aufmachen wollen…

    In schweren Zeiten, denke wie ein Saarländer: Hauptsach, gudd gess!!!
    Und schau auf http://www.saarconnect.com/page/verkehrsverein nach, was es passendes zu dieser Lebenseinstellung gibt.
    Vielleicht sollten wir Dir ein Care-Packet machen….

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