Eine der wirklich besonderen Sehenswürdigkeiten des Landes hatte ich bisher noch nicht besucht. Und nach einem freundlich-bestimmten Kulturtadel von Freunden machte ich mich heute dann auf. Angeblich kommt man nur wenn vorab angemeldet rein, und so schrieb ich eine email, die aber wirkungslos im Netz zerpuffte. Also einfach hinfahren und mal schauen. Die Einfahrt sah nicht so verheißend aus
Doch dann eine riesige, neugebaute Struktur im traditionellen Stile, nur übergroß. Mit einem Teichlein, auf dem dereinst dann sehr viele Dhaus dümpeln werden.
Dieser Sheikh aus dem Stamm des Emirs sammelt alles. Alles? Ja. Es gibt nichts, was nicht gesammelt werden kann. Sicherlich ist der Kern des Museums eine fast unüberschaubares Sammelsurium von Waffen aller Art aus der islamischen Welt. Dazu jede Menge Möbel, Kleidung, Bilder, Autos. Aber eben auch religiöse Objekte, Kinderfahrräder, Töpferei, Campingausstattung etc etc.
Eingangs ist das alles noch sehr klassisch aufbereitet und sortiert:
aber dann wird es doch etwas sagen wir mal spontaner und vielfältiger.
So kann man sich ein Bild über die Entwicklung der Sänften, die einen zu den Schlußfolgerungen kommen läßt, daß a) die Statik nur für halb-so-schwer-wie-heute Einwohner reichen würde, und b) die Sänfte im Setzkastenlook wegen der Verglasung sicher zu Hitzeschocks der Gäste geführt hat.
Unglaublich ist jedoch der schlechte Geschmack, was Bilder anbelangt. Wie wenn er auf jedem Straßenmarkt halt gemacht und die kitschigsten Portraits aufgegriffen hätte.
Und, hört hört, zu meiner allergrößten Überraschung gab es sogar etwas nacktes zu sehen! Woansinn, das ist bestimmt nirgendwo sonst in Katar erlaubt
Und wer weiß, wie viele Jünglinge in die ausgedehnte Kleidersammlung nur gingen, um sich an den teilweise erstaunlich freizügigen Schaufensterpuppen zu atzen
Einige wenige Fotographien brachten aber auch ein gewisses Niveau mit sich
Wer amerikanische Autos, besonders die sogenannten Pick-ups liebt, der ist hier genau richtig am Platz. Sehr, sehr viele, quer über alle Hersteller hinweg, aber auch viele andere. Bei diesem Ford aus den 30ern könnte der Landwirt aus Kansas gerade erst ausgestiegen sein und das Geweih am Kühler nochmal zurechtgedreht haben
In Katar nimmt man eben, was die Fauna hier hergibt und fühlt sich dann aber bestimmt genauso als Mann
Tja, und dann gibt es immer wieder Zusammenstellungen von Bild und Objekt, deren konzeptioneller Hintergrund sich mir trotz intensiven Nachdenkens nicht erschloß, vor allem nicht auf dem ersten Bild der abgeschnittener Elefantenfuß an naivem Sonntagsausflug.
Es wird auch wirklich kein Aufwand gescheut, selbst richtig große Objekte auszustellen, ein Hauch von Deutschem Museum München weht da durch die Halle
Direkt neben der Schiffsparade liegen die Räume für die anderen Religionen. Keine Ahnung, ob irgendwo sonst in Katar öffentlich jüdische und christliche Devotionalien, Ikonen etc zu sehen sind, aber immerhin ein kompletter Beichtstuhl hat es geschafft:
In diese implizite Ergebung von Charles de Gaulle in den Heiligenstand läßt einen wirklich baff zurück
Wie gesagt, alles ist ausstellenswert, so auch diese Feuerstelle einer Familie
Dies ist ein (französischer) Peilsender, mit dem man verloren gegangene Falken wieder auffinden kann
Eine bemerkenswerte Campingstuhlsammlung ist locker unter die Pick-ups gemischt
Diesen doch etwas älteren Hometrainer hab ich sofort „Die eiserne Berta“ getauft und ins Herz geschlossen
Fast hätte ich gesagt „nur“ ein einziges Objekt aus der Nazizeit, ein Helm des nationalsozialistischen KraftfahrerKorps
Mit Perlmutt eingelegte Plateausandalen, dreihundert Jahre alt, damit die Damen beim Betreten des Hamman keine heißen Füße bekamen
Selbst Wandern in der sächsischen Schweiz mit den aufgenagelten Plaketten am Wanderstock muß er gemacht haben
Tja, die Sammlung wächst ständig weiter, man sieht draußen auf dem Hof die neu angekommenen Stücke gestapelt, sicher ist jeder Besuch mit einer neuen Überraschung verbunden. Hamdullilah!
Mensch, Wüstenwolf. Da tatest du mir doch schon fast ein bisschen leid. Bei 45 Grad im Schatten, ohne Alk, kulturlos im Sand sitzend… Zumindestens in Sachen Kultur bist du jetzt ganz weit vorn. In Deutschland würde diese Ausstellung zweifelsohne unter „Dada-Retrospektive“ firmieren.
Liebe Grüße aus Wiesbaden, wo langsam der Herbst beginnt,
Leif
Wahnsinn! Ich würde eher sagen „Technikmuseum Speyer“ vor der Sortierung. Und sehe ich richtig? ein gelbes Vélosolex?!?!? geht ja gar nicht.
Grüße aus Bodenheim, wo die Feigen langsam reif werden (;-)
Robert