Null komma null Wald, oder: das Streikwunder von Doha

Ich hab neulich eine Übersicht entdeckt, wonach Qatar offiziell das am wenigsten bewaldete Land der Welt ist. Mit Null komma null Prozent läßt sich das auch wirklich nur schwer toppen. Ägypten mit 0,07 % und Libyen mit 0,12 % stellen das PodiumKuwait kommt mit 0, 34 % immerhin auf Platz 8, am waldigsten hier in der Region ist (wegen des Südens nahe der Grenze des Jemens) der Oman mit 4,22 %. Damit war auch das Gefühl bestätigt, daß ich noch nie irgendwo so baumlos war. Deutschland liegt übrigens mit 31,7 % auf einem soliden Mittelfeldplatz, deutlich hinter zB Österreich und Frankreich. Surinam ist der Spitzenreiter mit über 90 %.

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Eine andere interessante Darstellung ergibt sich aus der Problematik der Kartendarstellung. Wir sind alle die normale Karte nach Mercator gewöhnt. Damit diese rechteckig sein kann, werden die Flächen proportional immer größer gezeichnet je weiter man vom Äquator wegkommt. Grönland ist da fast genauso groß wie halb Afrika, aber in der Realität ist es nur ein Bruchteil von diesem Kontinent. Wer nachlesen möchte, suche zum Stichwort Peters-Projektion.

GCC-in-comparison-to-EUrope-sizeAuf dieser Karte sieht man die ungefähren Entsprechungen der Golfländer mit Europa. So entspricht Saudi-Arabien in etwas der Fläche von Portugal, Spanien, Frankreich, England, Deutschland und Italien zusammen. Bahrain als der kleinste Zwuckel ist kleiner als Menorca. Qatar entspricht Montenegro und Oman Polen. Und die Emirate Österreich.

Eines der heißesten Themen derzeit in Katar ist ein seit Sonntag andauernder Busfahrerstreik. Die Fahrer asiatischer Herkunft, die bei einem privaten Busunternehmen angestellt sind und tausende Schulkinder jeden Tag transportieren sollten, lehnen sich dagegen auf, daß sie bei gleicher Arbeit deutlich weniger bezahlt bekommen als arabischstämmige Busfahrer. Die Spanne scheint zwischen 240 Euro und 560 Euro pro Monat zu liegen.

Nun ist es nicht erstaunlich, daß die Firma Strafanzeige bei der Polizei gegen jeden einzelnen der Streikenden gestellt hat. Und alle werden wohl über kurz oder lang entlassen und deportiert werden, denn ein Streik ist illegal. Spannend ist, wie verschiedene internationale Organisationen sich dieses Streiks angenommen haben und gerade im Hinblick auch auf die Arbeiten für die Fußball-WM vermehrt und heftiger die Rechte der Arbeiter angemahnt werden. Ob es irgendetwas nützt? Man wird sehen. Es mehren sich die Stimmen, daß wegen der schlechten Bezahlung und der oft illegalen Behandlung der Bauarbeiter Qatar immer größere Schwierigkeiten hat, qualifiziertes Personal anzuheuern. Vielleicht tut sich unter der Druck, die WM auf keinen Fall verbaseln zu wollen, ja doch eine gewisse Öffnung in Richtung fairerer Arbeitsbedingungen auf.

Traurig hier ist, daß immer wieder Kleinkinder dadurch sterben, daß sie in völlig ungesicherte Gullyschachte fallen. In den Kanälen wird gearbeitet, oben ist nicht gesichert und so ist innerhalb eines Jahres bereits das dritte Kind durch den Fall in einen Schacht in einer belebten, bewohnten Gegend gestorben. Aber wie sagte ein Kollege „So lange wie keine Katari-Kinder fallen, tut sich da nichts wirklich“.

Und schließlich noch etwas zur Situation der Nepali. Fast 400.000 arbeiten hier, die meisten im Baubereich. Doch in ganz Qatar gibt es genau zwei Doktoren, die auch aus Nepal stammen. Dadurch daß die allermeisten Nepali nicht ausreichend Englisch sprechen, um ihre Beschwerden zu schildern, wird vermutet, daß die relativ hohe Todesquote in dieser Bevölkerungsgruppe auch mit der Sprachlosigkeit beim Arztbesuch zusammenhängt.

Ist das alles so heftig wie in Europa in der Mitte des 19. Jahrhunderts? Vermutlich nicht, aber sehr vieles erinnert daran.

Hier eine erklärung und Karte zur Peters-Projektion, man sieht die Welt buchstäblich mit anderen Augen, versprochen:

http://de.wikipedia.org/wiki/Peters-Projektion

Wer noch zum Thema Bewaldung weitergrubeln möchte, hier ist ein Link, leider nur auf Englisch:

http://en.wikipedia.org/wiki/List_of_countries_by_forest_area

 

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