Rassissmus mal ganz hochkomplex, oder: Millefeuille vs fruchtquark

Egal in welchem Umfeld: es gibt immer und ueberall knackige Ansichten und Aussagen darueber, was man von „Anderen“ haelt und was man ihnen ggf. zutraut. Manchmal kann man das sogar mit Zahlen glauben zu belegen. So erklaerte mir mal ein belgischer Mathematiker, dass die nuechternen Flamen fuer die staendig betrunkenen Wallonen bei der Autoversicherung massiv ueber den Tisch gezogen wuerden. warum? Nun weil ein Wallone im Schnitt eine 30 % hoehere Versicherungspraemie zahlen muesse als ein Flame, da er/sie 30 % mehr Schaeden verursachen wuerde. Da es allerdings verboten sei, auf der Grundlage einer Nationalitaetenzugehoerigkeit den Preis festzulegen, muesse man das Problem eben anders loesen.

Hier in Katar ist die Frage nach der Nationalitaet eine der ersten, wenn nicht sogar die erste Frage, wenn man sich trifft. Und es ist voellig normal und gewuenscht, dass z.B. die Banken bei der Kreditvergabe die Nationalitaet als das wichtigste Kriterium dafuer nutzen, einem Kunden einen Kredit zu geben oder nicht. Ami hui, Katari pfui, Deutscher hui, Nepali pfui. Wie wuerden sie all diese Auslaender bewerten bzw. einordnen ?

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Man sieht das an vielen Dingen, neulich aber fand ich den Blogeintrag eines seit seiner Geburt in Katar wohnenden Arabers. Fuer ihn ist die hiesige Gesellschaft ganz einfach aufgebaut:

– Ganz oben stehen die Katari und die Amerikaner. Amerikaner -wenn nich betrunken- seien die einzige Nationalitaet, die der gemeine Katari gar nicht erst versuchen wuerde einzuschuechtern; auch die einzigen, die bei einem Verkehrsunfall mit einem Katari eine faire Chance haetten

– Dicht darauf folgen die Laender des GCC, des Golf Kooperationsrates, also Saudi-Arabien, Emirate, Kuwaiti und Bahraini

– Dann kommen all die Europaer, Kanadier und all die anderen Auslaender, die blond und blauaeugig sind und kein Arabisch sprechen. Innerhalb dieser Gruppe entscheidet das internationale Standing des Landes, wie man eingeordnet wird

– An vierter Stelle kommen alle anderen Araber (Aegypter, Tunesier etc) die einen hoch oder mittel zu bewertenden Beruf haben. Diese wuerden respektiert werden

– Asiaten aller Art an fuenfter Stelle. Woher auch immer, sie wuerden schlecht behandelt werden, haetten bei den Behoerden nie eine Chance und seien auch am leichtesten auszuweisen

– An letzter Stelle kommen die Arbeiter, behandelt wie Sklaven, egal woher sie kommen

Innerhalb dieser Einstufung wuerde auch eine Rolle spielen, ob die Laender sich fuer ihre Buerger einsetzen wuerden. Je weniger dies der Fall sei, desto weniger wuerde man diese Nationalitaet respektieren.

Und natuerlich Geld als „Binnenkriterium“: je reicher jemand einer Nationalitaet sei, desto besser wuerde er behandelt werden. So wuerde auch ein amerikanischer Abteilungsleiter weniger angesehen sein als ein Soldat oder Manager

Soweit dieser Araber. Die Gesellschaft hier ist also wirklich als geschichtet, als Millefeuille zu bezeichnen, und eben nicht als gemischter Fruchtquark.

Nachdem ich das verdaut hatte, fand ich eine Debatte, die von einem Katari ausgeloest worden war, der der Meinung war, dass das groesste Hemmnis fuer die Entwicklung des Landes der inner-katarische Rassismus sei, also die Stammeszugehoerigkeit vor allem anderen. Stellen wuerden nach Stamm und nicht nach Kompetenz gegeben, die steigende Zahl lediger Frauen sei darauf zurueckzufuehren, dass ausserhalb des Stammes diese nicht heiraten duerften. Katar sei weniger eine Nation als eine Ansammlung von Staemmen.

Uebrigens: in einem juengst abgehoerten Telephonat hat ein sehr hochrangiger saudischer Diplomat Katar als „300 Menschen und eine Fernsehanstalt, aber keine Nation“ beschrieben. Bei solchen Spruechen klingeln hier viel mehr die Alarmglocken als bei Abstimmungen in London oder sonst wo, ob in Syrien Vergeltung geuebt werden soll.

So es sie denn gibt, bekommen wir Nicht-Katari von diesen Auseinandersetzungen eigentlich nie etwas mit. Ausser es wird aktiv in den oeffentlichen Raum getragen.

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